Ich habe begonnen, Temperaturgangtests meiner mit dem HX711 aufgebauten Waage in den „Klimakammern des Standardhaushalts“ durchzuführen… also Kühlschrank und Backofen…
Unterstützt hat mich meine private Assistentin für alle Lebenslagen, der ich hier noch mal danken möchte
Ausgangslage/Messumfeld:
- Waage unbelastet (leer)
- Kalibrierung auf ~ 0 g
- Versorgung der Waage aus einem PowerPack (5V)
- Nur die Temperatur des HX711 wird per DS18B20 abgefragt, alle Werte werden per ESP8266 (NodeMCU) „gleichzeitig“ erfasst.
- Abfrage der Werte (ca. alle 2 sec) drahtlos per http-request >> Datenfile, Umsetzung der Daten mit Geany und Libre-Calc
Vorgehen:
- Akklimatisierung auf dem Küchentisch
- Backofen bei ca. 80°C
- Akklimatisierung auf dem Küchentisch
- Kühlschrank bei 3°C
- Akklimatisierung auf dem Küchentisch
Was dabei rauskam, „kann man eigentlich nicht beschreiben“ – deswegen weiter unten das Bild:
(In der Zeitreihe fehlen einige Werte, die habe ich entfernt weil es „Handling-Werte“ waren, also wenn die Waage umgesetzt wurde und die Leitungen gerichtet wurden).

Feststellungen:
- Der HX711 hat definitiv einen (erheblichen) Temperaturgang, grob geschätzt bei 1-2g / °C
- Es kam zu einer „Nullpunktverschiebung“:
Nach der Erwärmung im Ofen und Abkühlung auf Raumtemperatur hat die (unbelastete Waage) statt 0 g ca. 22 g angezeigt (Hysterese).
Das hat sich auch nicht wieder irgendwie normalisiert… - Der Temperaturgang ist nichtlinear.
Neben einem Temperaturgang des HX711 scheint auch der Wägebalken einen Temperaturgang zu haben, aber anders als man annehmen könnte:
Eigentlich hatte ich erwartet, dass sich die Temperaturgänge der Dehnmessstreifen durch die Brückenschaltung kompensieren – vermutlich tun sie das auch.
Ich vermute auch noch etwas anderes:
Die Dehnmessstreifen werden aufgeklebt. Wenn der Kleber (Silikon?) aushärtet, kommt es zu mechanischen Spannungen. Das tut zunächst nix und stört die Messung nicht.
Wenn man jedoch so wie ich den Wägebalken „tempert“ (also so weit erwärmt, dass der Kleber „etwas“ nachgeben kann, dann lösen sich die Spannungen (oder ein Teil davon) und die Brücke hat ein anderes Gleichgewicht als zuvor.
Weitere Vermutung:
Der Alu-Träger verformt sich bei Erwärmung nicht gleichmäßig und erzeugt somit eine „Nullpunktverschiebung“ der Brücke. Warum die allerdings nicht reversibel ist, erschließt sich mir nicht…
Wenn ich die Daten anders darstelle, wird evtl. deutlicher, was ich meine:
Im Diagramm hier die „Hysterese-Kurve“ der Erwärmung/Abkühlung:

Die X-Achse ist die Temperatur, die Y-Achse ist das angezeigte Gewicht ohne dass etwas auf dem Waagenteller liegt.
Im Idealfall überdecken sich die Kurven und die Kurve ist eine Gerade auf der X-Achse…
Ok, ich werde die Tests in den nächsten Tagen (irgendwann , wenn es meine Zeit erlaubt) wiederholen um einen systematischen Fehler auszuschließen (wir konnten nämlich beim Testlauf im Kühlschrank beobachten, dass das Gewicht weiter abnahm, obwohl die Temperatur konstant blieb).
Wenn jemand eine Idee hat, warum sich das so merkwürdig aufführt: Ich bin da offen… 🙂
Hallo!
Ich habe deinen Blog gefunden, weil ich mit einem HX711 meine Espressomühle steuern will.
Vielleicht hilft dir folgende Idee:
Wenn du einen zweiten Wägebalken parallel auswertest und ihn mit einer konstanten Masse (zum Beispiel 500 Gramm, Aufbau in einer staubdichten Tupperdose) vergleichst, kannst du deine Messergebnisse per Dreisatz korrigieren.
Beide Wägebalken würden dauerhaft belastet, so rechnest du auch die dauerhafte Verformung raus.
Gruß
Tim
Hallo Tim!
Zunächst Danke für den Hinweis!
Ich habe die ganze Waage inzwischen in einem recht flachen Gehäuse drin, da passt kein 2. Balken mehr rein 🙁
Inzwischen suche ich (4) solcher Halbbrücken in der Hoffnung, dass diese verformungsstabiler sind. Allerdings hab ich bisher nur welche mit 30kg+ gefunden… es muss sowas aber geben: Wir haben einer kleine Haushaltswaage, die hat 4 kleine Halbbrücken und ist für max. 3kg ausgelegt… – ich möchte diese Waage aber nicht zerlegen – das gibt Stress 😉
Das Hauptproblem ist (leider) der recht heftige Temperaturgang des HX711: Die billigen Platinen haben vermutlich Chips drauf, wo die eigentlich (lt. Datenblatt) vorhandene Temperaturstabilisierung ungenügend funktioniert und die Chips offenbar billig abgegeben werden.
Mal weiterschauen…
Grüße, das Zen